Präambel
Der BFW bedankt sich für die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg für ein Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches (BauGB) und Stärkung der Wirksamkeit der sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB
Der Gesetzentwurf ist abzulehnen.
Zu den Gründen:
- Die FHH begründet ihren Gesetzesantrag mit der Notwendigkeit, „zur Sicherung des Mietwohnungsbestandes mit bezahlbaren Mieten“ müsse die Möglichkeit eingeschränkt werden, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Dies ist vom Wortlaut des § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB nicht gedeckt. Primäres gesetzgeberisches Ziel ist es, die „Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ zu erhalten. Eine unbedingte Privilegierung von Miet- gegenüber Eigentumswohnungen lässt sich daraus nicht ableiten. Vielmehr ist der Genehmigungstatbestand für die Begründung von Wohnungseigentum mit der damit verbundenen Möglichkeit der Mieter, gem. § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6 BauGB Wohneigentum zu erwerben, in der gesetzgeberischen Intention gerade ein adäquates Mittel, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten.
- Insoweit ist die Qualifizierung dieser Regelung als eine „Ausnahme“, die die Schutzwirkung der sozialen Erhaltungssatzung erheblich mindere, auch unzutreffend. Der Gesetzgeber hat die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zwar unter einen grundsätzlichen Genehmigungsvorbehalt gestellt, sieht aber gleichzeitig gerade durch die Verpflichtung der Eigentümer, innerhalb von sieben Jahren nur an die Mieter zu veräußern, die Schutzwirkung der sozialen Erhaltungsatzung als gegeben.
- Soweit in der Gesetzesbegründung mit den Schutzinteressen von Mieterinnen und Mietern argumentiert wird, wird verkannt, dass das Baugesetzbuch vornehmlich nicht dem Mieterschutz dient. Mieterschutz und der entsprechende Interessenausgleich zwischen Mietern und Vermietern ist Regelungsgegenstand des Mietrechts. Entsprechende Intentionen bedürfen ggf. einer Änderung des Mietrechts.
- Die Streichung des Tatbestandes erschwert die Eigentumsbildung der betroffenen Mieter, die Wohneigentum erwerben und im angestammten Wohnumfeld bleiben wollen und zwingt diese u.U. zum Umzug in Stadtviertel, in denen ein entsprechendes Angebot an Eigentumswohnungen existiert. Das kann gesetzgeberisch – auch vor dem Hintergrund der Altersvorsorge – nicht gewollt sein.
- Gerade in den von sozialen Erhaltungssatzungen hauptsächlich betroffenen Stadtquartieren besteht aufgrund hoher Verdichtung und mangelnden Potentialflächen für Wohnungsneubau neben der Eigentumsbildung im Zuge von Umwandlungen anderweitig wenig Möglichkeit für Mieter, Wohneigentum zu erwerben.
- Auch der Vermieter bzw. Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, der sich aus welchen Gründen auch immer in Form der Aufteilung in Wohneigentum von seinem Eigentum trennen möchte, wird durch die geplante Streichung der Norm u.U. in die Situation entlassen, das gesamte Haus global und damit an einen größeren Investor zu verkaufen. Eine politisch sicher nicht gewollte Benachteiligung des privaten Einzeleigentümers, die u.U. viel langfristigere und damit mieterfreundlichere Anlageziele verfolgt als ein größeres Unternehmen.
- Die pauschale Behauptung, viele Mieterinnen und Mieter können sich den Erwerb einer Wohnung nicht leisen, ist sehr fragwürdig. Zum einen ist diese Aussage in der derzeitigen und aller Voraussicht nach noch längerfristig anhaltenden Niedrig- bzw. Negativzinsphase in dieser Verallgemeinerung sehr zweifelhaft. Zum anderen sollte sich der Gesetzgeber nicht zuletzt im Hinblick auf möglichst frühzeitige Vermögensbildung und private Altersvorsorge vorzugsweise über Möglichkeiten der Erhöhung der Eigentumsquote Gedanken machen und nicht darüber wie eine solche möglichst erschwert werden kann. Der größte Schutz von Mieterinnen und Mietern wäre es, diese von den gerade im Alter nachteiligen Wohnkosten eines Mietverhältnisses zu befreien und in den Genuss einer selbstbestimmten Wohnsituation im eigenen Eigentum zu versetzen.
- Die Gesetzesbegründung trägt schließlich auch nicht ansatzweise dem Umstand Rechnung, dass jede Eigentumswohnung auch eine Mietwohnung sein kann und sich somit nicht zwangsläufig an der Mieterstruktur und damit an der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung etwas verändern muss.
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