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Nachgefragt bei Petra Lotzkat

„Jede Wohnung zählt“

Mehr als 12.000 vordringlich wohnungsuchende Menschen wurden bei der letzten Erhebung Ende 2021 in Hamburg gezählt. Mittlerweile dürfte die Zahl noch einmal deutlich gestiegen sein. Um die Versorgung dieser Menschen zu verbessern, hat der Senat ein 7-Punkte-Programm vorgelegt. Er sieht unter anderem die Gewinnung von weiteren Wohnungen aus dem Bestand vor. Die zuständige Staatsrätin in der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration ist Petra Lotzkat.

BFW Landesverband Nord: Was sind das für Menschen, die Sie als vordringlich Wohnungssuchende bezeichnen?
Petra Lotzkat: Das sind Menschen, denen ein Wohnungsverlust droht, die in einer öffentlichen Unterbringung leben oder die schon wohnungslos sind. Konkret kann das eine Rentnerin sein, die verwitwet ist und deshalb ihre Wohnung nicht mehr bezahlen kann. Oder eine Mutter, die mit ihren Kindern vorübergehend im Frauenhaus lebt. Das sind Zugewanderte, die von der öffentlichen Unterkunft in eine eigene Wohnung ziehen möchten, aber auch Menschen mit besonderen Marktzutrittsbeschränkungen wie ehemalige Häftlinge und Suchtkranke.

In diesem Jahr ist die Zahl der vordringlich Wohnungssuchenden noch einmal gestiegen.
Ja, der Druck auf den Wohnungsmarkt ist exorbitant. 2022 haben wir in Hamburg aufgrund des Krieges in der Ukraine mehr Menschen aufgenommen als 2015 – insgesamt waren es rund 32.000, allein 16.000 davon leben in einer öffentlichen Unterkunft. Gleichzeitig hat die Fluktuation aus den öffentlichen Unterkünften abgenommen: Normalerweise ziehen etwa 4.000 Menschen pro Jahr von hier in eine eigene Wohnung. In diesem Jahr waren es deutlich weniger. Insofern sind die Kapazitäten komplett erschöpft. Dennoch schaffen wir in einem Kraftakt jede Woche Hunderte von neuen Plätzen.

Deshalb haben Sie es Vermietern einfacher gemacht, Wohnraum für diese Menschen zur Verfügung zu stellen.
Die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, die Sozialbehörde und die Wohnungswirtschaft befinden sich schon seit fast zwei Jahren in einem Dialog darüber, wie wir mehr Wohnraum für die vordringlich Wohnungssuchenden schaffen können. Ein Ergebnis aus diesen Gesprächen sind die verbesserten Förderbedingungen mit flexiblen und attraktiven Zuschüssen. Außerdem haben wir die Funktion des Verfahrenslotsen ins Leben gerufen. Das bedeutet: Wer Wohnraum zur Verfügung stellen möchte, hat nur noch eine Ansprechperson, die ihn durch das System führt.

Im Zwischenvermietungsmodell werden die Wohnungen nicht direkt vermietet, sondern das städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ tritt für die ersten zwei Jahre als Mieter auf. Das gibt den Vermietern eine zusätzliche Sicherheit. Für die Mieterinnen und Mieter gibt es das „Einzugs- und Begleitteam“. Dieses kann in der ersten Zeit auch Dinge mit dem Vermieter klären.

Können die Vermieter denn selbst entscheiden, wer die Wohnungen bekommt?
Ja. Bei den sogenannten WA-Wohnungen, also den Wohnungen, die die Vermieter für die Vermittlung an vordringlich Wohnungssuchende zur Verfügung stellen, können sie mitbestimmen, wer einzieht: Einerseits können sie schon im Vorfeld Vorgaben machen. Andererseits macht die Behörde zwar Vorschläge, aber die kann man auch ablehnen.

Welche Wohnungstypen oder -größen werden besonders gebraucht?
Petra Lotzkat: Da gibt es keine Unterschiede. Natürlich brauchen wir große Wohnungen für die kinderreichen Familien. Aber genauso benötigen wir kleine Wohnungen für Alleinstehende, die in eine wirtschaftliche Notlage geraten sind. Jede Wohnung zählt! Denn das Bedürfnis, einen eigenen Rückzugsraum zu haben, ist elementar. In der öffentlichen Unterbringung leben viele Familien in sehr beengten Verhältnissen. Dort haben zum Beispiel die Kinder keinen eigenen Schreibtisch. Wenn wir mit Menschen sprechen, die von dort aus in eine eigene Wohnung ziehen, dann sagen diese: „Jetzt sind wir angekommen.“


Verfahrenslotsen und Zuschüsse bis 25.000 Euro
Die Vermietung an vordringlich Wohnungssuchende wird mit Fördermitteln von der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB) besonders unterstützt. Für eine einmalige, unbefristete Vermietung an einen vordringlich wohnungssuchenden Haushalt wird ein Zuschuss von 15.000 Euro gezahlt. Alternativ können auch ein laufender, monatlicher Zuschuss von 2 Euro pro Quadratmeter oder eine langfristige Belegungsbindung von 20 Jahren mit einem einmaligen Zuschuss von 25.000 Euro gewählt werden. Für Fragen hinsichtlich der Bereitstellung von Wohnraum an vordringlich Wohnungssuchende stehen in Hamburg Verfahrenslotsen zur Verfügung: Zur Anzeige der E-Mail-Adresse wird Javascript benötigt.