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Landesverbandstag 2024: düstere Zahlen, ein neuer Vorsitzender und viel Prominenz

Der diesjährige Landesverbandstag des BFW Landesverbands Nord hatte es in sich: Auf der Pressekonferenz am Morgen hatte der Vorstand alarmierende Zahlen verkündet: 2023 haben die Mitglieder in Hamburg mit dem Neubau von nur 770 Wohnungen begonnen. Das bedeutet ein Minus von 85,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, als die Mitglieder noch den Bau von 5.219 Wohnungen begonnen hatten. In Schleswig-Holstein starteten die befragten Unternehmen im vergangenen Jahr den Bau von 556 Wohnungen (minus 71,9 Prozent), in Mecklenburg-Vorpommern waren es nur 89 Wohnungen (minus 58,4 Prozent).

Auf der Mitgliederversammlung stellte der Verbandsvorsitzende Sönke Struck nach 19 Jahren Vorstandstätigkeit sein Amt zur Verfügung. Ihm folgt Kay Brahmst nach. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung und Geschäftsführer in der Unternehmensgruppe Hermann Friedrich Bruhn sowie seit 2020 Vorstandsmitglied des BFW Landesverbands Nord. Neu in den Vorstand gewählt wurde Carina Skoglund.

Den öffentlichen Teil der Veranstaltung eröffnete der frischgebackene Vorstandsvorsitzende Kay Brahmst. Er bedankte sich zunächst bei Sönke Struck für die großartige Arbeit, die dieser für den BFW Landesverband in den letzten Jahren geleistet hat. 

Dann ging er auf die massiven Kostenprobleme hin, die den Wohnungsneubau momentan behindern. 

Peter Tschentscher und Daniel Günther über die Herausforderungen im Wohnungsbau

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher erinnerte an die Erfolge des Bündnisses für das Wohnen und appellierte an die Wohnungswirtschaft, das System der Kooperation aufrechtzuerhalten. Er versprach, die Genehmigungsdauer für Bauprojekte zu senken und überraschte mit der Einschätzung: „Ich finde, KfW 55 reicht.“ Auch sprach er sich für den Quartiersansatz anstelle der isolierten Betrachtung einzelner Gebäude sowie für eine Änderung des BGB aus, um mehr Freiraum beim Wohnungsbau zu schaffen. 

„Mehr Freiraum“, das versprach auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. „Überall dort, wo wir selbst zu den Preistreibern gehören, müssen wir uns ehrlich machen“, sagte er. Als schweren strategischen Fehler bezeichnete er die Blockade des Wachstumschancengesetzes durch seine Kollegen von der CDU im Vermittlungsausschuss. Außerdem versprach er, die geplante Kappungsgrenzenverordnung für Schleswig-Holstein intern noch einmal zu diskutieren. 

Schleswigs-Holsteins „Regelstandard E“

Über den „Regelstandard E“ sprach Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE). Dieser Standard wird aktuell in Schleswig-Holstein für den geförderten Wohnungsbau angewandt. Hierbei wird in vielen Dimensionen nur der Mindeststandard gebaut. Dadurch sinken die Baukosten sowie der Materialbedarf. Dennoch erfüllen die Gebäude hohe Ansprüche an den Wohnkomfort. „Wir müssen reduzieren und einen gesellschaftlichen Exkurs darüber führen, welche Wohnungen überhaupt gebraucht werden“, so Dietmar Walberg. 

Podiumsdiskussion: Geht das auch einfacher?

Auch die anschließende Podiumsdiskussion drehte sich um die Zukunft des Bauens und die Frage: Ist weniger mehr? Jörg Sibbel, Staatssekretär im schleswig-holsteinischen Ministerium für Inneres, Wohnen und Sport, berichtete von den Erfahrungen mit dem „Regelstandard E“. Christian Pegel, Minister für Inneres, Bau und Digitalisierung in Mecklenburg-Vorpommern, wies darauf hin, dass die Sanierung der Gebäude die größere Baustelle sei. Auch hier sprach er sich für mehr Einfachheit aus. 

Hamburgs Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Karen Pein, wies auf die Novelle der Hamburger Bauordnung hin und stellte die Freistellung von Genehmigungen für bestimmte Gebäudetypen in Aussicht. „Es sind die Hausaufgaben von allen hier, die Standards zu überprüfen“, sagte sie. „Wir müssen von den Standards runter. Dafür müssen wir arbeiten.“ „Ohne eine Änderung des Rechtsrahmens wird das nicht zu realisieren sein“, lautete der Einwand von Prof. Stefan Leupertz. Er hat im Auftrag des BFW Bundesverbands ein Gutachten über den Gebäudetyp E verfasst. Darin kommt er zu dem Schluss, dass im ersten Schritt eine Änderung des BGB notwendig sei. Denn ansonsten sei die Haftungsfrage nicht zufriedenstellend zu klären. 

Dirk Salewski, der Präsident des BFW Bundesverbands, wehrte sich gegen den Vorwurf, dass die Wohnungswirtschaft selbst zu teuer baue. Stattdessen bezeichnete er die DIN-Ausschüsse als Vertriebskanäle der Industrie. „Es ist unheimlich viel Luft nach unten, ohne dass die Qualität darunter leiden muss“, lautete seine Einschätzung. 

Kay Brahmst begrüßte es, dass die Diskussion um die Anpassung der Regelwerke und der juristischen Basis jetzt geführt werde. „Wir müssen die juristische Situation klären und gleichzeitig prüfen, welche Standards entbehrlich sind. Das müssen wir schnell tun, denn ansonsten wird der Wohnungsbau nicht wieder in Gang kommen“, so sein Appell. 

Am Abend würdigte der BFW Landesverband Nord seinen scheidenden Vorsitzenden Sönke Struck mit einer Party, sodass dieser Tag trotz aller diffizilen Themen gut gelaunt zu Ende ging.