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Karen Pein, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen in Hamburg

BFW Landesverband Nord: Sie haben die Behörde in turbulenten Zeiten übernommen. Wo sehen Sie im Moment die größte Herausforderung?

Karen Pein: Die größte Herausforderung ist die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum und die erforderliche Anpassung unserer Stadt an den Klimawandel. Beides greift ineinander und braucht eine vitale Bauwirtschaft. 

Die Einigung mit den Volksinitiativen „Keine Profite mit Boden & Miete“ sieht Mietpreisbindungen von 100 Jahren vor. Glauben Sie, dass Genossenschaften und Wohnungsunternehmen zu diesen Konditionen bauen werden? 

Da bin ich sehr zuversichtlich. Das wird aber ganz sicher auch von den Konditionen des Förderprogramms abhängen, das wir dazu entwickeln. Letzten Endes muss auch der geförderte Wohnungsbau ein wirtschaftlich sinnvolles Investment sein und dann kommen neben den Genossenschaften auch weitere Bestandshalter und natürlich die SAGA dafür in Frage.

Wie wollen Sie auf der anderen Seite den Bau von frei finanzierten Mietwohnungen und von Eigentumswohnungen unterstützen? 

Wir werden weiterhin städtische Grundstücke auch für frei finanzierte Mietwohnungen und Eigentumswohnungen anbieten. Aktuell untersuchen wir den Bauüberhang, um zu prüfen, ob es unsererseits Unterstützungsmöglichkeiten gibt, um die 16.000 Wohnungen, die schon eine Baugenehmigung haben, in den Bau zu bringen.

Einerseits bezahlbarer Wohnraum, andererseits immer höhere Standards. Wie wollen Sie diesen Widerspruch auflösen? Wie sehen die Anforderungen an bezahlbares Wohnen zukünftig aus?

Ich denke, wir müssen in allem was wir tun, effizienter werden. Es ist richtig, einige Standards zu hinterfragen. Die drei Forschungshäuser des Architekten Florian Nagler in Bad Aiblingen haben hier zum Beispiel viel Forschungsarbeit im Rahmen des Projekts „Einfach Bauen“ der Technischen Universität München geleistet, die wegweisend sein kann. Ein großes Potential liegt auch in der digitalen Planung, aber auch über effiziente Grundrisse lassen sich Fläche und damit auch Kosten sparen. Aktuell läuft zudem eine interessantes Projekt der SAGA, bei der von Beginn an eine gemeinsame Planung von Architekten und Bauunternehmen stattfand und dadurch mehr Kosteneffizienz gewonnen werden kann.

Die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen verursachen Kosten für Eigentümer und Mieter. Wie können Sie sicherstellen, dass die Maßnahmen wirtschaftlich tragbar bleiben? 

Im Rahmen unserer umsetzungsorientierten Machbarkeitsstudie zur Erreichung der Klimaschutzziele im Bereich der Wohngebäude in Hamburg haben wir herausgefunden, dass die Wohnungswirtschaft bereits im Rahmen ihrer regulären Sanierungstätigkeit eine Sanierungstiefe von 1 Prozent pro Jahr erreicht. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen wir diese auf durchschnittlich 1,7-1,8 Prozent p.a. erhöhen. Hierfür haben wir nun zunächst unsere bestehenden Förderprogramme angepasst und um weitere Module verstärkt, z.B. mit dem Förderprogramm „GIM“ für geringinvestive Maßnahmen. Hier kann jeder mit relativ wenig Geld signifikant Energie und CO2 einsparen. Oder das Programm „Mod C“ für umfassende Modernisierungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung für mittlere Lagen und Mieten analog dem 2. Förderweg. Wir werden die Förderung in den nächsten Jahren im Austausch mit dem Bündnis für das Wohnen weiter modifizieren, um zielgerichtet unterstützen zu können. Auch mit der Bundesregierung bleiben wir diesbezüglich im engen Austausch.

Wenn Sie als Senatorin für Stadtentwicklung einen Wunsch an die Bundesregierung frei hätten: Welcher wäre das? 

Ich finde es äußerst kritisch, dass der Bund keine Förderung für frei finanzierten Wohnungsbau unterhalb des Standards „EH 40“ anbietet. Dies zu tun, wäre ein dringlicher Wunsch und könnte für den Hamburger Wohnungsmarkt Entlastung bringen.

Blick nach vorn: Wie werden die Menschen in 20 oder 50 Jahren in einer Stadt wie Hamburg wohnen?

Angesichts des sehr schnellen technologischen Wandels mit seinen vielfältigen Auswirkungen auf unseren Alltag, ist eine Prognose über einen so langen Zeitraum schwierig. Ich konzentriere mich lieber auf die nächste Dekade, da diese darüber entscheiden wird, wie gut wir uns für die Zukunft aufstellen können. Es wird ein anstrengendes Jahrzehnt, geprägt vom Umbau unserer Infrastruktur und dem Gebäudebestand. Und bei begrenzten Ressourcen wird es auch hierbei sehr darauf ankommen, wie effizient wir unsere Mittel einsetzen. Doch ich bin da sehr optimistisch, dass wir das in Hamburg gemeinsam hinbekommen und das Bestmögliche für die Stadt und ihre Menschen erreichen.