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Nachgefragt bei Karen Pein

Bekenntnis zu einer neuen Kultur der Zusammenarbeit und des Bauens

Mit dem Hamburg-Standard soll kostenreduziertes Bauen überall in Deutschland möglich sein. Der Verzicht auf bestimmte Komfortmerkmale, Lowtech und eine bessere Zusammenarbeit aller Akteure sollen zu Einsparungen von bis zu 2.000 Euro führen. Karen Pein, Hamburgs Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, erklärt das Konzept.

Was ist das Neue am Hamburg-Standard?

Der neue Hamburg-Standard ist der lang ersehnte Durchbruch zur Senkung der Baukosten in Deutschland. In interdisziplinären Arbeitskreisen haben wir knapp ein Jahr lang rechtliche und bauliche Standards ebenso hinterfragt wie Planungs-, Verwaltungs-, Bau-, Management- und Ausführungsprozesse. Zu den identifizierten Kostentreibern wurden rechtssichere, praxistaugliche Abweichungsmöglichkeiten sowie neue Prozess- und Verfahrenslösungen entwickelt, um insbesondere den frei finanzierten Wohnungsbau wieder zu erleichtern. Die Ergebnisse der „Initiative kostenreduziertes Bauen“ sind somit ein wirkungsvoller Beitrag zu mehr bezahlbaren Wohnungen und zugleich eine Einladung an die gesamte Branche, die Grundlage einer neuen Planungs- und Baukultur zu schaffen.

Wie hoch sind die Einsparungen, die dadurch möglich werden sollen?

Wir zeigen, dass hochwertiger Wohnungsbau auch für 3.000 Euro brutto auf den Quadratmeter Wohnfläche möglich ist und die Baukosten somit um über ein Drittel gesenkt werden können. Allein durch angepasste Standards sind es im Bereich Baukonstruktion und Gebäudetechnik circa 600 Euro brutto pro Quadratmeter weniger. Optimierte Prozesse und Verfahren sparen weitere rund 400 Euro brutto pro Quadratmeter ein. Eine effizientere Planung, die Vermeidung teurer Bauweisen und teurer technischer Anlagen sowie der Verzicht auf besonders aufwendige Bauteile wie Tiefgaragen bringen bis zu 1.000 Euro brutto Ersparnis auf den Quadratmeter.

Leidet darunter die Qualität des Wohnungsbaus?

Der Hamburg-Standard definiert eine neue Kultur der Zusammenarbeit und des Bauens, die kostenreduziertes Bauen nicht als Ausnahme, sondern als grundlegendes Prinzip versteht. Unser gemeinsam erarbeiteter Kodex vereint daher technische und organisatorische Lösungen, um Planungs- und Bauprozesse effizienter zu gestalten und unnötige Kostentreiber zu beseitigen, mit einer Veränderung der Denkweise. Das Ziel ist es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der den Bedürfnissen der Menschen entspricht und dabei gute Qualität, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung sichert.

Wie geht es jetzt weiter mit der „Initiative kostenreduziertes Bauen“?

Die Initiative hat ihre Ergebnisse auf der Website www.bezahlbarbauen.hamburg veröffentlicht und wird nun gezielt versuchen, diese an möglichst viele Beteiligte des Wohnungsbaus heranzutragen, um das Wissen in die Breite zu bringen. Um den Hamburg-Standard konkret in die Anwendung zu bringen, werden nun Pilotprojekte im ganzen Stadtgebiet gesucht. Die Initiative wird diese Pilotprojekte beratend begleiten. Unabhängig davon wird die Initiative auch weiter an ausgewählten Themen arbeiten. Alle an Planung und Bau beteiligten Akteure sind herzlich eingeladen, sich an der Umsetzung und Etablierung des Hamburg-Standards zu beteiligen – auch über Hamburg hinaus.

Wie schnell wird der Hamburg-Standard in die Umsetzung kommen?

Alle Ergebnisse der Initiative wurden Open Source veröffentlicht und können unmittelbar Anwendung finden. In den Pilotprojekten der Fluwog und der Hansa Baugenossenschaft läuft die Umsetzung bereits. Zur konkreten Umsetzung des Hamburg-Standards werden zudem Pilotprojekte in allen sieben Bezirken gesucht und von der Initiative begleitet. Außerdem soll das „Wilhelmsburger Rathausviertel“ als Modellquartier dienen, um die Instrumente des Hamburg-Standards umfassend in der Praxis zu erproben und wissenschaftlich zu begleiten.

alle Informationen über den Hamburg-Standard

Bildquelle: Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen / Jan-Niklas Pries