„ Wir möchten innovative Bauweisen unterstützen, die schneller und kostengünstiger realisierbar sind „
Seit Juli sind Sie Staatsrätin und Wohnungsbaukoordinatorin in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt – und mit welchem Ziel sind Sie angetreten?
Ich arbeite bereits seit über zwanzig Jahren im Bereich der Bodenpolitik und Stadtentwicklung. Schon im Jurastudium hat mich das öffentliche Baurecht sehr interessiert. In Hamburg, meiner Geburtsstadt, kann ich nun meine langjährigen Erfahrungen einbringen.
Mich reizt an dieser Aufgabe besonders, dass Hamburg als Stadtstaat kurze Wege und sehr direkte Abstimmungsprozesse bietet: Man kennt sich, Landesebene und Bezirke arbeiten eng zusammen, und Entscheidungen lassen sich oft schneller und kooperativer vorbereiten. Gleichzeitig gibt es den direkten Draht zur Bundesebene und den anderen Ländern.
Aus München bringe ich die Erfahrung einer wachsenden Stadt mit vielfältigen Nutzungsansprüchen an Grund und Boden mit. Wir benötigen eine sozial verträgliche Bodenpolitik, die die unterschiedlichen Nutzungsansprüche klug miteinander ausbalanciert. Mein Ziel ist es, den Wohnungsbau zu stärken, nachhaltige Stadtentwicklung voranzutreiben und die soziale Vielfalt Hamburgs zu sichern.
Welche Themen stehen für Sie ganz oben auf der Agenda? Wo wollen Sie die inhaltlichen Schwerpunkte Ihrer Arbeit setzen?
Ganz oben stehen für mich die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen, die Stabilisierung des Wohnungsneubaus sowie die Weiterentwicklung der bestehenden Quartiere. Mit dem Bauturbo wurde uns ein neues Instrument zur Verfügung gestellt, das in die Anwendung kommen muss. Zugleich steht die nächste Baugesetzbuch-Novelle an. Auch hier wollen wir Impulse setzen, um die Baurechtsschaffung zu beschleunigen und zu erleichtern. Dazu gehört natürlich auch die Digitalisierung der Prozesse. Gerade hier ist Hamburg bundesweit an der Spitze.
Hamburg hat sich ehrgeizige Ziele im Wohnungsbau gesetzt – aktuell liegt die Zahl der Baugenehmigungen aber deutlich unter den früheren Werten. Wie wollen Sie den Wohnungsbau wieder voranbringen?
Wir möchten den Wohnungsbau durch schnellere Verfahren, klare Prioritätensetzungen und eine bessere Verzahnung zwischen Bezirken und Senat stärken. Dazu gehört auch, Flächenpotenziale systematisch zu identifizieren und Investoren verlässliche Rahmenbedingungen zu bieten – etwa durch transparente Vorgaben, verbindliche Zeitpläne und digitale Prozesse.
Sie haben natürlich recht: Die Zielzahl von 10.000 genehmigten Wohnungen ist unter den aktuellen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen nur schwer zu erreichen. Gleichzeitig sehen wir, dass wir die Talsohle offenbar durchschritten haben. Nach dem Knick im Jahr 2023 zeigen die aktuellen Entwicklungen wieder nach oben. Diese Entwicklung stimmt vorsichtig optimistisch und zeigt, dass unsere gemeinsamen Anstrengungen beginnen, Wirkung zu entfalten.
Ein Schlüssel zum Erfolg war in der Vergangenheit das Bündnis für das Wohnen. Wie möchten Sie dieses Instrument künftig weiterentwickeln oder neu beleben?
Das Bündnis für das Wohnen hat eine lange Tradition in Hamburg und ist seit vielen Jahren ein Erfolgsmodell. Sein kooperativer Ansatz hat inzwischen auch andere Ebenen – nicht zuletzt den Bund – inspiriert, ähnliche Strukturen aufzubauen. An diese Tradition möchte ich bewusst anknüpfen. Wohnen ist ein essenzielles Thema, deshalb ist es aus meiner Sicht genau richtig, dass hier unterschiedliche Expertisen und Perspektiven einfließen, damit praxistaugliche Lösungen entstehen. Dass dieser Ansatz trägt, hat zuletzt auch die Entwicklung des Hamburg-Standards gezeigt, der nur durch breite Beteiligung und gemeinsame Überzeugungsarbeit entstehen konnte. Dem Hamburg-Standard wird im Zuge der anstehenden BauGB-Novelle und natürlich der Erarbeitung eines Gebäudetyp E-Gesetzes sicherlich auch eine hohe Bedeutung zukommen. Vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele betrachten wir sehr genau realistische Pfade für Neubau und Bestandspflege mit klarer Fokussierung auf Umsetzbarkeit und Sozialverträglichkeit.
Viele Projekte scheitern derzeit an den Kosten. Sehen Sie Ansatzpunkte, wie die Stadt Bauvorhaben erleichtern kann?
Wir prüfen, wo wir Kosten senken oder Prozesse vereinfachen können – etwa durch Standardisierung im sozialen Wohnungsbau, zügigere Genehmigungen, digitale Tools oder eine bessere Abstimmung zwischen den beteiligten Stellen. Gleichzeitig möchten wir innovative Bauweisen unterstützen, die schneller und kostengünstiger realisierbar sind.
Unter den Bündnispartnern gibt es bereits viele konkrete Ansätze, insbesondere im Bereich von Umwandlungsprojekten sowie modularen und seriellen Bauweisen. Diese Verfahren können Planungszeiten verkürzen, Kosten senken und eine höhere Verlässlichkeit in der Umsetzung schaffen. Solche Innovationen wollen wir gezielt stärken und gemeinsam weiterentwickeln, weil sie ein wichtiger Baustein sind, um den Wohnungsbau auch unter schwierigen Rahmenbedingungen voranzubringen.
Ein großer Dreh- und Angelpunkt ist der Hamburg-Standard. Er gibt klare, qualitätsgesicherte Leitplanken für kosteneffizientes und zugleich nachhaltiges Bauen vor. Indem wir Anforderungen bündeln, Planungsprozesse vereinheitlichen und realistische, gut handhabbare Standards setzen, schaffen wir für alle Beteiligten mehr Sicherheit und reduzieren Reibungsverluste. Der Hamburg-Standard ist damit ein wichtiges Instrument, um Projekte auch in herausfordernden Zeiten wirtschaftlich umsetzbar zu machen. Die laufenden Pilotprojekte im Hamburg-Standard werden zeigen, wo wir noch nachsteuern müssen und wo die gemeinsam erarbeiteten Maßnahmen bereits greifen.
Woran werden unsere Mitgliedsunternehmen merken, dass es eine neue Staatsrätin gibt?
Als Staatsrätin der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen bin ich auch die Wohnungsbaukoordinatorin der Stadt Hamburg. Damit sind mein WOK-Team und ich Ansprechpartner für alle Beteiligten des Wohnungsbaus. Ich stehe für eine enge, verlässliche Zusammenarbeit und für klare, respektvolle Kommunikation. Mir ist wichtig, dass unsere Partnerinnen und Partner spüren: Anliegen werden ernst genommen, Probleme werden gemeinsam sortiert und Entscheidungen nachvollziehbar getroffen. Mein Anspruch ist, gemeinsame Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und pragmatische Lösungen zu entwickeln. Deshalb setze ich ganz bewusst auf einen offenen Dialog. Ich verstehe ihn als Grundlage für gemeinsame gute Lösungen.
Was erwarten Sie umgekehrt von den privaten Akteuren – etwa im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Innovation oder den Umgang mit Bestandsgebäuden?
Ich erwarte, dass wir in zentralen Bereichen gemeinsam Verantwortung übernehmen: beim sparsamen Umgang mit Flächen, bei der Weiterentwicklung bestehender Gebäude, bei Innovationen im Bauen und bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Politik kann hierfür die Rahmenbedingungen setzen, Verfahren vereinfachen und Anreize schaffen – aber umgesetzt wird all das letztlich vor Ort, bei den Projekten selbst. Deshalb hoffe ich auf die Bereitschaft, die gemeinsamen Ziele mitzutragen und die Chancen zu sehen, die in einer nachhaltigen Stadtentwicklung stecken. Gemeinsam müssen wir dafür arbeiten, dass die Freie und Hansestadt Hamburg weiterhin attraktiv und lebenswert bleibt – und zwar für alle Bürgerinnen und Bürger dieser schönen Stadt.
Bildquelle: Senatskanzlei Hamburg/ Katharina Marten