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André Adami, Bereichsleiter der bulwiengesa AG

„Wir werden eine Marktbereinigung erleben“

Projektentwicklungsmarkt in Hamburg. Quelle: bulwiengesa AG

Die bulwiengesa AG beobachtet stetig den deutschen Projektentwicklungsmarkt. Der Landesverband Nord sprach mit André Adami, Bereichsleiter Wohnen, über die Entwicklung in Norddeutschland. 

BFW Landesverband Nord: Wie entwickelt sich der Projektentwicklungsmarkt aktuell?

André Adami: Auf dem Wohnungsmarkt löst sich die Schockstarre ein wenig. Private Käuferinnen und Käufer akzeptieren so langsam die höheren Zinsen. Im Mietwohnungsmarkt setzen sich andere Vervielfältiger durch – nach dem Motto: „25 ist das neue 30.“ Durch die hohe Nachfrage in den Städten explodieren die Mieten geradezu, sodass sich einige Projekte jetzt langsam wieder rechnen. 

Wie sieht es bei Gewerbeimmobilien aus?

Da geht es immer um die Frage, ob es schon Mieter für ein geplantes Vorhaben gibt oder nicht. Was vermietet oder verpachtet ist, wird gebaut. Spekulativer Neubau findet gerade nicht statt, auch weil die Banken da nicht mitspielen. Bei Büroimmobilien haben wir zum Beispiel einen großen Unsicherheitsfaktor. Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren auf Vorrat gemietet und stellen jetzt fest, dass sie zu viel Fläche haben, weil sich der Raumbedarf geändert hat. 

Aktuelle Auswertungen aus dem RIWIS Development-Monitor von bulwiengesa zeigen, dass ungewöhnlich viele Projekte verschoben werden. 

Richtig. Nehmen wir Hamburg als Beispiel: Von allen Projektentwicklungen, die momentan dort laufen, wurden 23 Prozent geschoben. Das ist ein enorm hoher Anteil. Davon entfallen 55 Prozent auf den Büromarkt, gefolgt von 22 Prozent Wohnimmobilien. In Mecklenburg-Vorpommern machen die verschobenen Projekte 11 Prozent des Marktes aus, in Schleswig-Holstein 7 Prozent. In diesen Bundesländern sind es vor allem Hotel- und Wohnprojekte, die auf Eis liegen. 

Wie lautet ihre Prognose für die nächsten Jahre?

In Hamburg erwarten wir 2023 und 2024 bei den Projektentwicklern noch gute Fertigstellungsvolumina. Danach werden die Zahlen sinken – gerade auch im Bereich der Wohnimmobilien. In Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wird der Rückgang laut unserem Monitoring etwa ein Jahr später einsetzen. 

Was bedeutet das für die Projektentwickler? 

So viele Entwicklungen wie in den vergangenen Jahren werden wir lange nicht sehen. Stattdessen werden wir eine Marktbereinigung erleben, aus der die gut vernetzten, professionellen und soliden Unternehmen als Gewinner hervorgehen – also zum Beispiel Mitgliedsunternehmen des BFW. Auf der anderen Seite wird es weniger Glücksritter und weniger komplexe, intransparente Firmenkonstrukte geben.